Susi Sorglos

Susi Sorglos arbeitet gerne mit Flüchtlingen. Sie hat schon in der Kleiderkammer ausgeholfen, ist mit Leuten zum Amt gefahren, besucht sie, und ist eigentlich den ganzen Tag unterwegs.

Jetzt hat sie gehört, dass die Deutsch-AG Leute sucht. Natürlich meldet sie sich. Deutsch-lernen ist doch das Wichtigste für die Integration.

Sie ruft an, und tatsächlich: Gleich morgen darf sie in einer Gruppe zugucken. Juchhu!

Marianne hat gesagt, sie soll sich so eine komische Internet-Seite ansehen. Aber Internet ist nicht ihr Ding. Und überhaupt, wo war doch gleich der Zettel mit der Seite? „Ach, so wichtig wird es schon nicht sein. Was hat Deutsch-Lernen schon mit dem Internet zu tun? Ich gehe einfach hin“, denkt sie.

Gespannt wartet sie mit den anderen Teammitgliedern auf die Flüchtlinge. Nun ja, mit der Pünktlichkeit haben sie so ihre Probleme. Aber dann geht es endlich los. Susi geht mit einer Gruppe mit.

Sofort fühlt sie sich als Fachfrau. Deutsch kann sie schließlich, und so schwer sieht es gar nicht aus.

Ihrem gestrengen Blick entgeht nicht, dass die Flüchtlinge kaum sprechen. Dabei ist Sprechen doch das A und O. Die zeigen immer nur auf Bildchen. Was soll das denn werden? Das können die doch besser.

Susi wartet auf ihren Auftritt. Und tatsächlich: Sie muss nicht lange warten. Die Kursleiterin macht eine Pause, die einen Tick zu lang ist.

Sofort hakt Susi ein. Das Wort, um das es eben ging, ist nicht schön genug. Es gibt nicht nur hellblau. Es gibt auch himmelblau. Überhaupt, himmelblau ist ein viel schöneres Wort als hellblau.

Die Kursleiterin freut sich merkwürdigerweise gar nicht, dass Susi ihr so fachkundig zu Hilfe gesprungen ist. Sie macht einfach da weiter, wo sie aufgehört hat. Das schöne Himmelblau verpufft irgendwie. Wirklich schade.

Aber Susis nächste Chance lässt nicht lange auf sich warten. Bei der nächsten Pause bittet sie einfach ihren Nachbarn, das Wort, auf das er gerade gezeigt hat, auszusprechen. Und siehe da: Der kann das. Susi muss nur ein ganz kleines Bisschen verbessern. Sie macht gleich weiter, lässt jeden einzelnen Teilnehmer das Wort sprechen und verbessert fachgerecht. Triumphierend sieht sie die Gruppenleiterin an, aber die sieht überhaupt nicht glücklich aus. Ist ihr nicht gut? Vielleicht sollte Susi ihr anbieten, die Stunde weiterzumachen.

Kein Wort des Dankes hat die Gruppenleiterin. Sie macht einfach weiter als wäre Nichts gewesen. Die nächsten Übungen – wenn man sie so nennen kann, sind eigentlich lächerlich. Da hampeln erwachsene Leute herum wie die kleinen Kinder. Wir sind doch hier nicht im Kindergarten. Das hat doch mit ernsthaftem Deutsch-Lernen nichts zu tun. Das ist sicherlich eine von diesen neumodischen Methoden. Bestimmt aus Amerika. Susi träumt von Grammatik-Tabellen, Vokabelheften und Auswendig-Lernen.

Es soll doch schnell gehen mit dem Deutschlernen. In der Zeit hätte man locker 5 Verben konjugieren können…

Aber auch hier kann sie der Leiterin mit ihren Fachkenntnissen erfolgreich zu Hilfe eilen. Ein Glück, dass sie den Weg hierher gefunden hat. Sie wird dringend gebraucht…

Nächste Folge: Susi Sorglos hält ihre erste Stunde als Gruppenleiterin.

(Ideen dafür bitte an mich, M.)

 

 

 

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Eine Antwort zu Susi Sorglos

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