Arabische und lateinische Schrift

„Das Ahmed kann gar nicht so richtig lernen, weil er nicht mitschreiben kann. Er kann nur die arabische Schrift“.

Solche Sätze hört man immer wieder.

Na klar: Wir selber haben in der Schule Fremdsprachen so gelernt:

Erst kommt das Alphabet, dann kommt die Aussprache, und dann fangen wir an zu lesen. Fortschritt erkennt man daran, dass man die (meist) schriftlichen Hausaufgaben richtig erstellen kann.

Das läuft heute an den Grundschulen übrigens auch anders: Englisch wird zunächst als „Begegnungssprache“ unterrichtet. Und das ist zum größten Teil mündlich.

Der Irrtum in obigem Satz besteht darin, dass man automatisch davon ausgeht, dass die Schrift eine Hilfe ist.

Aber: Die lateinische Schrift ist neu. Sie funktioniert nach ganz anderen Gesetzmäßigkeiten als die arabische Schrift. Sie ist eben nicht das Vertraute, das einem hilft, sondern sie ist ebenfalls fremd. Und wenn man etwas Fremdes mit Hilfe von etwas noch Fremderen lernen will, funktioniert das nicht. Die Schrift ist in unserem Fall zusätzlicher Lernstoff.

Natürlich kann man auch in der Eingangsphase Schrift nutzen. Aber dann muss man die vertraute Schrift nehmen. Man kann deutsche Wörter mit arabischen Buchstaben schreiben. Auch fremde Laute sind möglich. Da setzt man einfach Punkte unter oder über die jeweiligen Buchstaben.

Als wir Arabisch gelernt haben, haben wir monatelang alles in lateinischer Schrift aufgeschrieben. Sonst hätten wir nie Sprechen gelernt. Lesen und Schreiben haben wir extra gelernt, mit ganz einfachen Texten, zu einem Zeitpunkt, als wir mündlich schon viel kompliziertere Dinge ausdrücken konnten. Das funktioniert umgekehrt genau so. Und im Zeitalter der Smartphones kann man den mündlichen Spracherwerb durch Tonaufnahmen noch verbessern. Denn die Originalaussprache wirkt viel besser als eine – wie auch immer geartete Umschrift oder gar Originalschrift.

Natürlich arbeiten die TÜV-Leute viel schneller mit der Schrift. Aber die haben auch 3 Stunden am Tag Unterricht. Wenn da Schwierigkeiten auftauchen, haben die Dozenten ganz andere Möglichkeiten, darauf einzugehen als wir. Und ich würde mich nicht wundern, wenn in ein paar Wochen die ersten zu uns zur „Nachhilfe“ kommen…;-)

Einen guten Mittelweg finde ich das, was Monikas Gruppe gemacht hat. Sie haben jeweils am Ende der Stunde die neuen Worte in lateinischer Schrift mit arabischer Übersetzung verteilt. Die Leistungsstarken, von denen Einige auch schon ein bisschen Englisch gelernt haben, können sich so schon mal Schrift mit aneignen. Aber wir dürfen nicht erwarten, dass das bei Allen gelingt.

Ich könnte mir vorstellen, dass wir so vorgehen: Wir finden heraus, wer Schwierigkeiten mit der lateinischen Schrift hat und bieten zu gegebener Zeit einen extra Einführungskurs in die Schrift an. Aber unsere Normalkurse für Anfänger müssen so angelegt sein, dass sie auch ohne Kenntnis der lateinischen Schrift gewinnbringend belegt werden können.

Die Reihenfolge ist immer:

  • Verstehen
  • Sprechen
  • Lesen
  • Schreiben

 

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